Gemeinsam Mobilität im Ländlichen Raum weiterentwickeln

Rund 40 Interessierte fanden sich am 3. Juni in der Bauernschule Bad Waldsee zur Tagung „Wir sind dran: Gemeinsam Mobilität im Ländlichen Raum weiterentwickeln“ ein, zu welcher evangelische und katholische Bildungseinrichtungen und Verbände, sowie 3 regionale LEADER-Aktionsgruppen – u.a. die Aktionsgruppe Oberschwaben – eingeladen haben. Mobilitätskonzepte, die Versorgung mit Mobilität und Alternativen in ÖPNV-armen Regionen waren Themen dieser Tagung. Bereits zu Beginn der Tagung war auffällig, dass die Anreise zur Bauernschule mit öffentlichen Verkehrsmitteln die wenigsten Teilnehmenden nutzten bzw. nutzen konnten. Das Auto diente auch für diese Tagung als Hauptverkehrsmittel, womit der thematische Einstieg rasch gefunden war.

Ein absolutes Novum bildete die Möglichkeit der Online-Teilnahme. Tagungsinteressierte, denen eine physische Anwesenheit nicht möglich war, hatten die Möglichkeit via Skype oder Facetime der Veranstaltung beizuwohnen. Helferinnen bedienten die Tablets und übernahmen die Korrespondenz mit den virtuellen Teilnehmenden.

Was es zu erfahren gab

Die Tagung gliederte sich in 2 Blöcke – Theorie und Praxisbeispiele. Vormittags erfuhren die Teilnehmenden von Prof. Dr. Eisenkopf der Zeppelin Universität Friedrichshafen Daten, Fakten und Hochrechnungen zu Mobilitätsverhalten, demographischem Wandel sowie Siedlungsstrukturen im ländlichen Raum. Wegzug, vor allem junger Generationen hätten eine Entleerung und eine Überalterung zur Folge, so Prof. Eisenkopf. Diese Vermutung stützte Ludwig Müller, stellvertretender Referatsleiter „Grundsatzfragen ländlicher Raum“ Baden-Württemberg. Das Ziel der Landesregierung, den Stundentakt mit dem ÖPNV in jeder Gemeinde einzurichten sei laut Müller nicht realisierbar, weshalb ehrenamtliches Engagement und entsprechende Konzepte die Lösung für die Gewährleistung von Mobilität im ländlichen Raum seien.

Nachmittags hatten die Teilnehmenden in 4 sogenannten Expertenrunden á 20 Minuten, einerseits die Möglichkeit, sich bei Stefan Leinweber (Verkehrsplaner DB ZugBus ) über den aktuellen Stand des ÖPNV – Regionalverkehr im Landkreis Ravensburg und Teilen des Landkreises Sigmaringen oder bei Ludwig Müller über die Mobilität und Sicherstellung der Erreichbarkeit im ländlichen Raum seitens der Landesregierung zu informieren. Andererseits konnte man konkrete, bereits umgesetzte Projekte kennenlernen. Hierfür standen 8 Experten zur Verfügung, die ihre Projekte vorstellten, aber auch Fragen zur Umsetzung und Machbarkeit beantworteten. So stellten beispielsweise der Ostracher Bürgermeister Christoph Schulz den „Bürgerbus Ostrach“, die Klimaschutzexpertin des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis auf Landkreisebene Systeme wie flinc und bike work, der Oberreichenbacher Bürgermeister Karlheinz Kistner das Electro-Bürgerauto und Hilke Patzwall, Leiterin Sustainability und CSR bei VAUDE, die unterschiedlichen Mobilitätskonzepte der Firma VAUDE mit E-Bikes vor. Auf Grund der vorangegangenen Starkregenereignisse konnte Sabrina Meyer von DB Regio Bus als Expertin für das Mitnahmesystem „Wohin.Du.Willst“ nicht anreisen. Auch sie wurde spontan virtuell zu geschaltet, was nach kurzen technischen Schwierigkeiten hervorragend funktionierte und es den Interessierten möglich war genaueres über „Wohin.Du.Willst“ zu erfahren. Am Stand von Susanne Gross von capito Bodensee bestand die Möglichkeit, Barrieren und Barrierefreiheit zu erfahren. Mit diversen Hilfsmitteln, wie Brillen, die die unterschiedlichsten Augenerkrankungen imitieren, Rollstühle, Augenklappen mit Langstock oder sogar ein Anzug mit Gewichten und Bandagen der die körperlichen Einschränkungen im Alter simuliert, konnte man sich temporär in die Situation von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen hineinversetzen.

Fazit und Kernaussagen der Teilnehmenden

Nach den Expertenrunden wurden in Kleingruppen die Gedanken, Anmerkungen und Ideen der Teilnehmenden gesammelt und in der Schlussrunde vorgetragen:

• Modelle, die von ehrenamtlichem Engagement abhängig sind, wie Bürgerbusse oder Ruftaxi, fanden zwar Bewunderung, als Lösung zur Gewährleistung von Mobilität im ländlichen Raum könnten diese allerdings nicht angestrebt werden – so, der schnell gefundene gemeinsame Konsens der Teilnehmenden. Zu unsicher sei eine dauerhafte Gewährleistung, da nicht verlässlich sei, ob es weiterhin Personen gibt, die entsprechende Angebote weiterhin aufrechterhalten.

• Positiv angenommen wurden Mitnahmesysteme wie „Wohin.Du.Willst“ und flinc, da beide sowohl das Angebot des ÖPNV, als auch des privaten Mitnahmeverkehrs vereinen und darstellen.

• Mit Blick auf das zunehmende Durchschnittsalter der Bevölkerung im ländlichen Raum, kam man ebenfalls zur Übereinstimmung, Barrierefreiheit sei maßgeblich und auf jeden Fall mit zu berücksichtigen, vor allem im Rahmen des ÖPNV.

• Einig waren sich alle Teilnehmenden darin, dass sich Mobilität als Grunddaseinsversorgung versteht, für die alle gemeinsam - BUND, Land, Kommunen und Bevölkerung -zusammenarbeiten müssen.

Im Rahmen einer Umschau aus theologischer Perspektive plädierte Prälatin Gabriele Wulz aus Ulm unter anderem dafür, trotz aller Bedürfnisse nach Mobilität, sei es vor allem in diesen schnellen und hektischen Zeiten wichtig, zur Ruhe zu kommen und auch einmal innezuhalten.

Sowohl die Tagung selbst, als auch die Möglichkeit der Online-Teilnahme waren ein Erfolg. Die Neuerung, virtuell anwesend sein zu können möchte die LEADER-Aktionsgruppe Oberschwaben bei künftigen Tagungen, wenn möglich als Standard integrieren und anbieten.

Die Pressemitteilung der Schwäbischen Zeitung vom 05.06.2016 finden Sie hier

Das Résümee der Tagung Mobilität im Ländlichen Raum – Wünsche aus Sicht der Praxis finden Sie hier.