Alte Burg – ein prähistorisches Hippodrom?

Wir möchten Sie hier auf ein geschichtliches Erlebnis mitnehmen.

Es ist Samstagmittag, mitten im Herbst. Wir stehen im Wald. Die Sonne scheint durch die bunte Blätterpracht. Als wir hier ankommen, werden wir bereits von elf weiteren Personen erwartet. Die Gruppe besteht aus uns noch unbekannten Personen verschiedenen Alters. Sofort ist erkennbar die Leute hier kennen sich untereinander sehr, sehr gut, denn gemeinsam haben sie, und auch noch weitere nicht anwesende, ein großes Projekt gestemmt. Um die zeitliche Dimension dieses Projektes zu erfassen, verraten sie, dass sie gemeinsam etwa 3.700 Stunden ehrenamtlich geleistet haben.

Die Alte Burg - mitten im Wald.

Zusammen gehen wir ein Stück weiter in den Wald hinein. Sie fragen sich, wo sie sich befinden? Sie sind auf der Alten Burg, einer Hochfläche zwischen Langenenslingen und Emerfeld. Eine Burg suchen Sie hier aber vergebens. In den letzten Jahren wurden durch verschiedene Ausgrabungen des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg ganz andere Vermutungen offengelegt. Die Forschungen deuten darauf hin, dass das gesamte Plateau im 8. bis 6. Jh. vor Christus von Menschenhand umgeformt wurde. Man fand Teile einer 13 m starken und ursprünglich mindestens 10 m hohen Mauer aus Kalksteinen. Es handelt sich um die älteste bekannte Steinarchitektur Südwestdeutschlands. Zudem wurde bereits 1894 unter einem, auf der Innenfläche liegenden, Steinhügel ein Schacht mit menschlichen Skelettfragmenten aus dem 3. und 4. Jh. vor Christus entdeckt.

Früher vermutlich Sichtkontakt zur Heuneburg

Aus den verschiedenen Ausgrabungspunkten ergab sich ein Bild, mit dem man so nicht gerechnet hatte. Wenn man die Geschichte hört, muss man automatisch an Ben Hur denken, wie er beim Pferdewagenrennen im Circus Maximus in Rom Runde um Runde drehte. Die auffälligen Ähnlichkeiten zwischen der Alten Burg und anderen Hippodromen bzw. Circi lassen sich laut Experten nicht von der Hand weisen. Von der frühkeltischen Zeit bis heute hat sich die Natur selbstverständlich wieder ihr Territorium zurückerobert. Heute stehen überall riesige Bäume, die die Sicht in die Weite leider verhindern. Man geht aber davon aus, dass es zur damaligen Zeit Sichtkontakt mit der Heuneburg gab. Die frühkeltische Höhensiedlung Heuneburg bei Hundersingen ist von der Alten Burg aus nur 9 km entfernt.

Verein ALB-HAT e.V. macht Mauer sichtbar für Alle

Nun kehren wir aber nochmal zurück ins hier und jetzt. Wir stehen mittlerweile an einer hohen Mauer aus Kalksteinen. Diese Steine sind frei verbaut, sprich ohne Mörtel zur Befestigung. Mit Stolz präsentiert die Gruppe ihr Werk. Sie sind alle Mitglieder von ALB-HAT, des Vereins Aktiver Langenenslinger Bürger für Heimat, Archäologie und Tradition e.V. Dieser Verein wurde kurzerhand 2016 ins Leben gerufen, als die Spezialisten des Denkmalamtes ankündigten, dass nun, aus konservatorischen Gründen, die gesamte Grabung wieder mit Boden abgedeckt werden müsse. Alle freigelegten Mauerstücke sollten tatsächlich wieder mit Boden bedeckt werden? Nichts sollte mehr für die Nachwelt sichtbar sein? So sannen die Bürger mit Unterstützung durch Politik und Fachwelt nach Lösungen zum sichtbaren Erhalt der frühkeltischen Mauer und gründeten auch den Verein ALB-HAT e.V. Das Ergebnis ist nun sichtbar und allgemein zugänglich. Die 32 Mitglieder von ALB-HAT e.V. haben ehrenamtlich, unter Anleitung der Fachwelt, einen Mauerabschnitt rekonstruiert. Es wurden dazu originale Einzelsteine freigelegt bzw. ausgegraben und dann zu dem sichtbaren Mauerstück verbaut. Hier leistete vor allem das Wissen von Steinmetz Christoph Stauß aus Rulfingen gute Dienste.

Verein hat Freude an der Geschichte

Das Alter der Vereinsmitglieder beginnt bei 25 Jahren und geht bis ins hohe Alter von 90 Jahren. Wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, spürt man die Freude an der Geschichte ihres Ortes und vor allem auch den Stolz, dass sie dazu beigetragen haben, die Geschichte für die Allgemeinheit sichtbar zu machen.

Wenn man vor der Mauer steht ...

Wenn man vor der Mauer steht, kann man sich die schwere, körperliche Arbeit vorstellen, die die Menschen hier geleistet haben. Einer der Ehrenamtlichen meint dazu: „Ja, wir haben viele Handschuhe gebraucht. Die Steine sind teilweise sehr scharf“. Auf Schautafeln wird der Ablauf verständlich beschrieben und damit für jeden Besucher anschaulich gemacht. Um sowohl Mauer als auch Besucher zu stützen bzw. zu schützen hat Schlosser Armin Miller sich „ins Zeug gelegt“. So kann man nun über eine Treppe direkt runter zum Mauerstück gehen. Als Stütze der Mauer wurde rechts und links Metall verwendet, das von Natur aus rostet. So fügt es sich optisch gut ein.

Kooperation und Förderung

Bei einem solchen Projekt, das auf denkmalgeschütztem Grund errichtet wird, fällt auch auf bürokratischer Seite unglaublich viel Arbeit an. Hierfür haben die drei Vorsitzenden, Walter Wachter, Petra Fichtl und Martin Ludwig viel Initiative und Zeit investiert. Finanzielle Unterstützung bekamen sie glücklicherweise von der LEADER-Aktionsgruppe Oberschwaben, dem Landesamt für Denkmalpflege und der Gemeinde Langenenslingen.

Verein bringt verborgene Geschichte ans Licht

Wer sich intensiver mit der Geschichte der Alten Burg beschäftigen möchte, ist bei den Mitgliedern des ALB-HAT e.V. bestens aufgehoben. Mit ihren Erzählungen und ihrem Enthusiasmus wird die Geschichte so herrlich greifbar und spannend, dass man am liebsten selbst zur Schaufel greifen möchte, um auch einen Teil dieser noch immer verborgenen Geschichte ans Licht fördern.

Hintergrundinformationen

Die LEADER-Aktionsgruppe konnte das Projekt im Rahmen der Auswahlsitzung im Februar 2017 zur Förderung beschließen.

Der Verein hat die Homepage "ALB HAT e.V."

Projekterläuterungen inkl. Filmsequenzen gibt es anschaulich zusammengestellt auf der Homepage-Seite des Vereins zur "Alte Burg".